Das Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts zur Berechnung des Arbeitslosengeldes 2 hat Folgen für die medizinische Versorgung. Chronisch hautkranke Langzeitarbeitslose können auf höhere Leistungen hoffen. Im Zuge einer umgehend einzuführenden Härtefallregelung, soll ein „unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger, besonderer Bedarf“ abgedeckt werden, wie er etwa durch Selbstbehalte bei chronischen Erkrankungen entsteht.

Eine Sprecherin des Bundesarbeitsministeriums bestätigte auf Anfrage, dass in ihrem Haus mit Hochdruck an einer Richtlinie gearbeitet wird, in der zusammengefasst werden soll, bei welchen Krankheiten Zusatzleistungen in welcher Höhe gewährt werden sollen. Anhand dieser Richtlinien sollen dann die zuständigen Behörden vor Ort über entsprechende Anträge entscheiden. BVDD-Präsident Dr. Michael Reusch fordert mit Nachdruck, in diesen Katalog des besonderen Bedarfs die chronischen Hautkrankheiten und insbesondere die chronisch entzündlichen Hauterkrankungen mit aufzunehmen.

„Wir sehen viel zu häufig Patienten mit geringem Einkommen, die resigniert haben und ihre Hautprobleme nicht in den Griff bekommen, weil das Geld für Salben fehlt.“ Es sei volkswirtschaftlich betrachtet billiger, hier frühzeitig unterstützend einzugreifen als die weit teureren Folgen von verschleppten Krankheiten zu bezahlen.

„Eine Studie hat ergeben, dass die gemittelten jährlichen Kosten bei mittel- bis schwerer Psoriasis bei 794,30 Euro liegen“, verdeutlicht Prof. Matthias Augustin, Leiter der Fachgruppe Gesundheitsökonomie und Lebensqualitätsforschung und des Centrums für Versorgungsforschung in der Dermatologie am Hamburger Universitätsklinikum.

Bei einem Regelleistungssatz von derzeit 351 Euro im Monat seien dies knapp 19% der Bezüge. Die Kosten entstünden u.a. durch Fahrten zum Arzt oder die nicht erstattungsfähigen Harnstoff-Produkte, so Augustin. „Entsprechendes gilt im Grunde bei allen chronischen Entzündungen der Haut, also vor allem für die drei Gruppen Schuppenflechte, Neurodermitis und chronische Wunden“, sagte Augustin.

Der Bürgerbeauftragte des Landes Mecklenburg-Vorpommern Bernd Schubert riet den Betroffenen, schon jetzt entsprechende Anträge zu stellen. „Aus meiner Sicht können Kosten für nicht verschreibungspflichtige Medikamente z.B. bei Neurodermitis einen solchen Härtefall darstellen“, sagte Schubert.

Die Forderung nach einer sofortigen Härtefallregelung ist Teil eines Grundsatzurteils des BVerfG zu Rechtmäßigkeit der Regelsätze des SGB 2 (Hartz IV), die das Gericht als nicht verfassungskonform verwarf. Für die fällige Berechnung hat das Gericht dem Gesetzgeber eine Frist bis zum Jahresende 2010 gesetzt.

Quelle: BVDD