Obwohl Kortison in Form von Tabletten oder als Injektion zur Langzeitbehandlung einer Schuppenflechte nach wissenschaftlich gesicherten Erkenntnissen nicht empfohlen werden kann, verordnen Ärzte Psoriasis-Patienten immer noch sehr häufig diesen Entzündungshemmer. Das zeigt eine Studie des Zentrums für Versorgungsforschung in der Dermatologie (CVderm).

Zum ersten Mal wurde in Deutschland die Versorgung von Psoriasis-Patienten mit innerlich eingenommenen, so genannten systemischen Medikamenten untersucht. Verglichen wurde das Verordnungsverhalten von Dermatologen und Nicht-Dermatologen wie Hausärzte und Internisten in Bezug auf Medikamentenart und Häufigkeit. Untersuchungszeitraum war das Jahr 2007. Daten von über 34.728 Patienten (20.061 Männer und 14.667 Frauen) mit Schuppenflechte der Gmünder Ersatzkasse (GEK) gingen in die Analyse ein. Zwei Wirkstoffklassen wurden untersucht: Sieben etablierte systemisch wirksame Therapeutika und die neue Wirkstoffklasse der Biologika.

Dabei zeigte sich, dass 3.724 Patienten mit systemischen Medikamenten und 244 Versicherte mit Biologika behandelt wurden. Auffällig war, dass Kortison als Einzelmedikament wesentlich häufiger verschrieben wurde, nämlich 6.386 mal. Andere etablierte, sechs systemisch wirksame Medikamente, die von der S3-Leitlinie empfohlen werden, verordneten Ärzte insgesamt 5.487 mal, Biologika 1.069 mal.

„Uns stehen genug systemisch-therapeutische Medikamente zur Verfügung, um Schuppenflechte im fortgeschrittenen Stadium gut zu behandeln. Kortison sollte möglichst gar nicht und wenn, dann nur in äußersten Notfällen eingenommen werden“, erläutert Prof. Matthias Augustin, der Leiter des CVderm. Kortison wirke zwar rasch und könne bei einem akuten Krankheitsschub sinnvoll sein, wenn die akute Entzündung so hoch ist, dass andere Medikamenten nicht ausreichend helfen. Der Nachteil einer solchen Kortisonbehandlung besteht jedoch darin, dass es bei längerer Einnahme zu unerwünschten Nebenwirkungen kommen kann. Zudem sei die Gefahr eines Rückschlags – dem sogenannten Rebound-Effekt – nach dem – oft erzwungenen – Absetzen sehr hoch. Das heißt: Die Schuppenflechte kann dann rasch und stärker als zuvor wieder auftreten.

Dies ist auch der Grund, dass in der aktuellen S3-Leitlinie der dermatologischen Fachverbände zur Behandlung von Schuppenflechte (Psoriasis vulgaris) Kortison zur innerlichen Behandlung nicht aufgeführt wird. Eine S3-Leitlinie stellt den höchsten Grad wissenschaftlich gesicherten Wissens dar.

Doch wie die aktuelle Studie des CVderm zeigt, verschreiben selbst Dermatologen häufig noch innerlich wirkendes Kortison, wenn auch geringer dosiert als Hausärzte und Internisten, die zusammen mehr als doppelt so häufig Kortison verordneten wie Hautärzte. Im Gegenzug verschrieben Allgemeinmediziner und Internisten wesentlich seltener die besser wirksamen etablierten Alternativen als ihre dermatologischen Kollegen. Biologika mit einer Verordnung von insgesamt 6 Prozent spielten im Studienzeitraum noch keine entscheidende Rolle.

Wie die CVderm-Studie weiter zeigt, bestehen deutliche Unterschiede bei den Behandlungskosten: ein Psoriasis-Patient, der Kortison einnimmt, schlägt mit 45.37 Euro im Jahr zu Buche, Patienten, die mit alternativen systemisch wirksamen Medikamenten versorgt werden, im Durchschnitt mit 286.96 Euro. Für Biologica fallen durchschnittlich 13866.69 Euro pro Patient im Jahr an.

„Für mich stellt sich jetzt die Frage, ob Hausärzte und Internisten die dermatologische S3-Leitlinie und Empfehlung überhaupt kennen,“ so der Leiter der Studie, Professor Augustin. Um das zu klären, soll eine Anschlussstudie folgen. Doch auch das Verhalten vieler seiner Fachkollegen ist für den Dermatologen nicht verständlich: „Viele scheinen sich nicht an die empfohlenen Behandlungsstandards zu halten.“ Deshalb sein Tipp: Patienten sollten sich an das Patientenregister PsoNet (http://www.psonet.de/) wenden, um einen geeigneten Dermatologen in der Nähe zu finden. Zudem können Betroffene eine kostenlose, für den Laien verständliche Patientenleitlinie zur Behandlung der Schuppenflechte beim Deutschen Psoriasis Bund (DPB) bestellen. Der DPB empfiehlt Betroffenen, die Leitlinie im Gespräch mit dem behandelnden Arzt zur Grundlage für die gemeinsamen Überlegungen für eine geeignete Behandlung der Schuppenflechte zu machen.

Quelle: BVDD